Kooperation mit 130 Landwirten
Regionale Lebensmittel und Produkte, die den „lokalen Geschmack spiegeln“ liegen im Trend und erleben einen ungemeinen Zuspruch. Gleichzeitig war die Diskussion um die Versorgungssicherheit mit agrarischen Rohstoffen nie von größerer Bedeutung als jetzt. „Nicht nur aus Sicht der Konsumenten, sondern auch aus jener der Produzenten“, weiß Karl Schwarz, der in fünfter Generation die Privatbrauerei Zwettl führt. „Unsere Biere werden seit mehr als 300 Jahren aus regionalen Rohstoffen hergestellt“. Der Klimawandel stellt jedoch alle Beteiligten der Wertschöpfungskette Bier vor Herausforderungen: Anlässlich der heurigen Gerstenernte lud die Brauerei ins Waldviertel ein, um gemeinsam mit Landwirten und der Erzeugergemeinschaft Edelkorn ein „Parade-Beispiel für gelungene regionale Kooperation“ vorzustellen und Konzepte gegen die Folgen des Klimawandels zu präsentieren.
Regionale Rohstoffe als Zutaten für Zwettler Bier
Die Zusammenarbeit zwischen der Brauerei Zwettl, der Erzeugergemeinschaft Edelkorn – welche die Landwirte der Region vereint -, bäuerlichen Lieferbetrieben und dem Raiffeisen-Lagerhaus Waidhofen/Thaya zeigt vor, wie regionale Wertschöpfung funktioniert. Auf 500 Hektar bauen 130 Mitgliedsbetriebe von Edelkorn im Bezirk Waidhofen/Thaya Braugerste exklusiv für die Brauerei Zwettl und für die zum Unternehmensverbund gehörende Bierwerkstatt Weitra an. Zwettler verarbeitet jährlich rund 2.500 Tonnen dieser regionalen Braugerste. Grundlage dafür sind langjährige Vereinbarungen mit fixen Abnahmegarantien und der Zahlung eines „freiwilligen Waldviertel-Bonus“ an die beteiligten Landwirte.
Reaktion auf Klimawandel: Winterbraugerste für Waldviertler Bier
Aufgrund des Klimawandels und damit einhergehender längerer Trockenperioden und zunehmender Hitze hat sich die Art der angebauten Gerste gewandelt: Wurde früher mehrheitlich Sommerbraugerste für das Bierbrauen eingesetzt, wird nunmehr auf einen gesunden Mix zwischen Sommerbrau- und Winterbraugerste gesetzt. Heuer werden erstmals 40 % Winterbraugerste und 60 % Sommerbraugerste angebaut. Barbara Widner, Obfrau der Erzeugergemeinschaft Edelkorn, weiß: „Dieser Mix gibt sowohl unseren landwirtschaftlichen Mitgliedsbetrieben als auch der Brauerei Sicherheit.“
Wir kooperieren seit mehr als 20 Jahren mit Edelkorn und haben seither rund 40 Millionen Kilogramm regionale Gerste verarbeitet.
Karl Schwarz
Winterbraugerste nutzt Feuchtigkeit der kühleren Monate
Die bereits im Herbst des Vorjahres ausgesäte Winterbraugerste profitiert von der Feuchtigkeit in den kühleren Monaten – wohingegen die erst zwischen Februar und April ausgesäte Sommerbraugerste von Wetterextremen wie Hitze und Trockenheit beeinflusst wird und dadurch zunehmend nicht die für den Brauvorgang notwendigen Proteinwerte ausbilden kann. Daher setzen Brauereien verstärkt beide Varianten ein. Heinz Wasner, Braumeister bei Zwettler: „Früher haben wir 20 % Winterbrau- und 80 % Sommerbraugerste eingesetzt – nun geht die Tendenz immer stärker in Richtung noch mehr Winterbraugerste. Sie steht dank der Züchtungserfolge in ihrer Braufähigkeit der Sommerbraugerste zwischenzeitig um nichts nach.“
Nördlichster Punkt Österreichs als Anbaugebiet für Braugerste
In Österreich wird Braugerste auf rund 122.000 Hektar[1] angebaut, die größten Anbaugebiete liegen in NÖ gefolgt von OÖ. Der hohe Norden Niederösterreichs zählt zu den relevanten Gerste-Anbaugebieten des Landes und ist aufgrund der klimatischen Bedingungen gleichzeitig eine der südlichsten Regionen weltweit, in denen Sommerbraugerste angebaut werden kann. Heuer waren – dank der häufigen Niederschläge im Frühjahr – die Bedingungen auch für die Sommerbraugerste gut. „In den letzten so wichtigen Wochen vor der Ernte fehlt uns allerdings der Niederschlag“, so Barbara Widner. Welche Auswirkungen das auf Qualität und Menge der Ernte haben wird, lässt sich noch nicht sagen.
Fragile Lieferketten: Regionalität als beste Antwort
Die Brauer aus Zwettl waren „immer schon“ regional verankert – so stammen Hopfen und Braugerste aus der Region, das Wasser sprudelt aus eigenen Quellen. Nicht zuletzt aus Umwelt- und Klimaschutzgründen sind regionale Bezugsquellen heute sinnvoller denn je. „War ursprünglich die geschmackliche Harmonie der Rohstoffe wesentlicher Beweggrund zur engen Kooperation mit der regionalen Landwirtschaft, so zeigt sich aktuell, wie wichtig und vorausschauend diese Entwicklung hin zu einer de-facto-Vertragslandwirtschaft bei Hopfen und Gerste war. Nun haben wir den großen Vorteil, langfristig mit Rohstoffen versorgt zu werden“, freut sich Schwarz.
In Zeiten von Engpässen bei Rohstoffen und instabilen Lieferketten auf bewährte Partnerschaften setzen zu können, sichert das Unternehmen ab. „Wir sehen das ganz klar als Geben und Nehmen“, erklärt Schwarz. Bewusst regional erfolgt auch der Vertrieb der Produkte: „Wir verkaufen unsere Produkte nicht im ganzen Land, sondern in einem Radius von rund ca. 200 Kilometer rund um unsere Braustadt.“ Diese regionale Wertschöpfung ist Teil des Selbstverständnisses.